Mittwoch, 9. Dezember 2015

Heimliche Käufe von Staatspapieren: Nationale Notenbanken im EU-Zinskrieg

Heimliche Käufe von Staatspapieren: Nationale Notenbanken im EU-Zinskrieg

Markus Gärtner

Ein Berliner Finanzwissenschaftler deckt mit seiner Doktorarbeit auf, was Tausende von Wirtschaftsjournalisten in ganz Europa komplett verschlafen haben. Während alle auf die Europäische Zentralbank starrten und deren Kauf-Orgie für marode Staatsanleihen beschrieben, erwarben nationale Notenbanken – vor allem in Frankreich und Italien – im Rahmen eines geheimen Abkommens still und leise für über 700 Milliarden Euro Staatsanleihen aus der Euro-Zone. Die Deutsche Bundesbank soll sich dagegen sehr zurückgehalten haben.

Die so genannten Geldhüter machen ohne Mandat und Legitimierung durch die Wähler etwas, das Kritiker der Euro-Rettungspolitik, darunter Karl Albrecht Schachtschneider und Professor Joachim Starbatty immer wieder als »unvernünftig, staatswidrig und rechtlos« kritisierten. Jetzt sorgt der Geld-Coup für erheblichen politischen Wirbel.
Die Notenbanken halfen und helfen mit solchen Anleihekäufen den Finanzministern bei der Schuldenfinanzierung, weil sie die Zinsen zu Boden drücken und Schuldenpolitik attraktiv machen.

Dabei schwingen sie sich nicht nur zu Schergen der Finanzminister auf, sie bremsen auch noch wichtige Reformen aus. Denn Schuldenmachen ist bei Null-Zinsen so viel einfacher als eine solide Haushaltsführung.

Dass hier massive Alleingänge im dreistelligen Milliardenbereich aufgedeckt werden, zerstört nicht nur zusätzliches Vertrauen in Institutionen, die Angela Merkel im Rahmen der europäischen Einigung gegen den Willen weiter Teile ihres Wahlvolks weiter stärken will. Denn die EZB müsste jetzt die nötige Transparenz herstellen, will sie aber nicht.

Diese Alleingänge – ohne jegliche Transparenz und Legitimation – zeugen auch von der wachsenden Verachtung der politischen und Finanz-Elite für Gesetze, die immer öfter für dieForcierung »alternativloser« Großprojekte ausgehebelt werden.

Die Bürger werden bei einem kleinen Zahlungsverzug und bei der geringsten Geschwindigkeitsübertretung rigoros zur Kasse gebeten. Wer die Zwangsgebühren für das Staatsfernsehen nicht bezahlt, dessen Auto kann mit mafiosen Methoden durch eine Wegfahrsperre behördlich lahmgelegt werden.

Doch das Kanzleramt in Berlin missachtet nach Belieben Gesetze, darunter das Dublin-Abkommen, den Vertrag von Schengen und das Asyl-Verfahrensgesetz.

Aber hier ist noch mehr im Spiel als Gesetzesverstöße durch Regierungen und ihre Institutionen

Hier offenbart sich eine im freien Fall auflösende EU mit zwei Gesichtern, die das Wahlvolk täuschen sollen. Auf der einen Seite Politikerreden und das öffentliche Fernsehen, wo Integration und Schuldenunion gepredigt werden. Auf der anderen Seite nationale Interessen, die bei Bedarf heimlich, still und skrupellos durchgesetzt werden. Vor allem dann, wenn sich die EU-widrigen Egoismen in Bilanzen verstecken lassen.

Schließlich darf man davon ausgehen, dass die nationalen Notenbanken, die im großen Stil Staatsanleihen kauften, überwiegend die Papiere ihrer eigenen Regierungen erwarben. Hier findenAlleingänge statt, die das europäische Projekt Lügen strafen und verraten, wo die EU wirklich stattfindet: in Sonntagsreden und in staatskonformen Kommentaren der Leitmedien, die offenbar auch hier flächendeckend wegschauen. Und zwar so lange, bis ein Akademiker irgendwo die Zahlen, die offenbar nicht gut genug versteckt waren, aufdeckt und eine ganze Nachrichten-Industrie blamiert.

Nebenbei hat dieser Doktorand auch noch einen weiteren Beweis dafür geliefert, wie es um die EU wirklich bestellt ist: nämlich so, wie wir alle es im Rahmen der Flüchtlingskrise seit Monaten sehen. Wenn es hart auf hart kommt, geht jedes EU-Mitglied am Ende seinen eigenen Weg. – Europäische Solidarität ist etwas für die Galerie, für leichtgläubige Wähler und für naive Träumer.




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